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Pressemitteilung

Rede zur Beschlussfassung über den Kreishaushalt am 16.3.2012

Sehr geehrter Herr Landrat, meine Damen und Herren,

die Fraktion der ÖDP/PU wird in diesem Jahr den Haushalt ablehnen. Wir haben dafür mehrere Gründe.

1. Trotz gestiegener Einnahmen, trotz insgesamt guter Zahlen in einem „stark ver­besserten Zahlenwerk“ (wie es wörtlich in der Haushaltsrede des Landrates heißt), sieht dieser Haushalt nur eine Reduzierung der Schuldenlast um 222 000.- Euro vor. Wir wenden also lediglich 0,32 % der 71,7 Millionen dieses Haushaltes für die echte Schuldentilgung auf. Das ist für uns schlicht und einfach viel zu wenig. Wenn wir so weitermachen, werden auch die Jüngsten hier im Raum den schuldenfreien Landkreis kaum erleben… Genau genommen wird die Schuldenlast des Landkreises nur von 12,85 Millionen am 31.12.2011 auf voraussichtlich 12,63 Millionen am Ende dieses Jahres reduziert. Und das in einem Super-Jahr! Das ist eine beschämende Tatsa­che. Was machen wir in kommenden Jahren, wenn wieder schwierigere Situationen zu bewältigen sind?

Schon im letzten Jahr wurde ein ähnlich geringer Betrag für die Schuldentilgung auf­gewendet. Damals allerdings wurde ein insgesamt schlanker Haushalt vorgelegt. Wir haben vor einem Jahr diese lediglich symbolische Rückführung der Schulden akzep­tiert, weil die Gesamtlage problematisch war. Heuer sieht es ganz anders aus. Wir haben steigende Einnahmen und erfreulich sinkende Lasten bei der Sozialhilfe. Wir leisten uns ein Plus von 17,8% im Baubereich – davon steigen die Aufwendungen für den Straßenbau um 45%! Man verbreitert z.B. eine wenig ausge­lastete Straße aus einem einzigen Grund: Weil die Regensburger verbreitern wollen bauen wir auch!

So etwas machen wir nicht mit.

Unser Vorschlag, die seinerzeit aufgeschobene und jetzt beschlossene Sanierung des Sitzungssaales durch eine etwas geringere Steigerung des Tiefbauetats gegen­zufinanzieren, wurde von den anderen Fraktionen abgelehnt. Für uns wäre das eine seriöse Lösung gewesen.

2. Zwar wurde versprochen, der Ursulinen-Schulstiftung im nächsten Jahr eine Erhö­hung des Betriebskostenzuschusses zu gewähren. Diese Zusage ändert nichts daran, dass unserer Meinung nach diese für den Landkreis unverzichtbare Bildungs­einrichtung mit einem seit Jahren nicht angepassten Betrag von 81 000.- Euro wenig fair behandelt wird. Wenn man 7 Jahre lang einen Beitrag nicht erhöht, dann ist das faktisch eine Kürzung!

3. Auch die schneidige Ablehnung unserer Argumente für eine Erhöhung des Investi­tionszuschusses an die Wohlfahrtsverbände in Sachen mobile Altenpflege veranlasst uns zur Ablehnung des Haushaltes.

4. Endlich hält es die Mehrheit des Kreistages nicht für nötig, jetzt mit der Gründung einer Energiegenossenschaft zu beginnen. Wir wollten mit einem vergleichsweise geringen Betrag im Haushalt sicherstellen, dass in diesem Jahr damit begonnen werden kann, nicht nur die Bewusstseinsbildung voranzubringen, Pläne zu schmie­den und Möglichkeiten auszuloten, sondern auch bei der konkreten Erzeugung von Energie voranzukommen. Das Startsignal durch den Landkreis hätte den gesamten Prozess vorangetrieben: Wir sind davon überzeugt, dass die dezentrale Erzeugung von erneuerbarer Energie und eine möglichst 100%ige Versorgung des Landkreises aus regenerativen Quellen auf die Windkraft im Binnenland nicht verzichten kann. Eine genossenschaftliche Lösung mit Landkreis, Gemeinden und Privatleuten würde die Chance eröffnen, ohne die in dieser Branche üblichen Renditeerwartungen zu arbeiten. Genossenschaften zeichnen sich bekanntlich dadurch aus, dass sie nicht vorrangig auf Profit sondern auf sichere Versorgung mit einem unverzichtbaren Gut gerichtet sind. Dezentrale Erzeugung von ausreichenden Mengen würde auch die Stromtrassenfrage und die Speicherfrage entschärfen. Eine landkreisweit aktive Energiegenossenschaft würde ganz sicher auch die Akzeptanz eines kleinen Wind­parks erhöhen.

Insgesamt wurden also unsere Anträge nicht berücksichtigt. Die Ablehnung des Haushaltes ist deshalb unsererseits wohl begründet.

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Die Haushaltsberatung ist traditionell auch Anlass, die gesamte Politik des vergan­genen Jahres nochmals ins Auge zu fassen und auf das kommende Jahr vorauszub­licken. In der Haushaltsrede des Landrates wurde eine „neue Imagekampagne“ an­gekündigt, um Fachkräfte in den Landkreis zu locken. Es sollen vor allem die „vielfäl­tigen Angebote in den Bereichen Kultur- und Freizeitgestaltung aber auch bei Aus-, Fort- und Weiterbildung“ betont werden. Das kann gewiss nicht schaden. Wir sind aber der Meinung, dass die Aktion des Bayerischen Heimattages zur Ausweisung des niederbayerischen Donauraumes als UNESCO-Weltnatur- und Kulturerbe alle Anforderungen an eine wirksame „Image-Kampagne“ für unsere Region erfüllen würde. Umso mehr bedauern wir, dass nicht einmal unser Antrag auf Information über dieses Projekt akzeptiert wurde.

Wir werden demnächst einen klaren Vorschlag zur Bewältigung der Landkreisschul­den vorlegen. Wir stimmen Ihnen, Herr Landrat zu, dass der Streit um Jahreszahlen müßig ist. Es gibt bessere Möglichkeiten. Wir könnten uns auf eine feste Formel für den Abbau der Schuldenlast einigen, indem wir jedes Jahr 1% der drei Hauptein­nahmen automatisch für die Netto-Schuldenreduzierung zu verwenden.

In diesem Jahr würde das so aussehen:

1% von der Kreisumlage = 329 000.-

1% von der Schlüsselzuweisung = 124 700.-

1% von der Finanzzuweisung = 16 450.-

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Summe: 470 150.-


Selbstverständlich könnte die Netto-Rückführung auch höher sein. Mit dieser Formel soll nur die absolute Mindestsumme des Schuldenabbaus ermittelt werden. Natürlich könnte man auch 1,2 oder 1,5 % beschließen. Aber auf jeden Fall sollte ein Grund­satzbeschluss gefasst werden, um das Ziel des Schuldenabbaus konkret zu fassen. In guten Jahren würde mehr getilgt, in schwierigen Jahren entsprechend weniger.

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Und noch etwas: Wir erhalten mit der Haushaltsrede jedes Jahr ein vielfältige und interessante Aufbereitung vieler Daten in Schaubildern, Torten- und Säulendiagram­men. Wir regen an, künftig auch die wichtigsten Verbrauchszahlen zu nennen und bildlich darzustellen: Wie viele Quadratmeter des Landkreisgebietes wurden neu überbaut, versiegelt und den natürlichen Kreisläufen entzogen? Wie viele Quadrat­meter wurden renaturiert bzw. ökologisch optimiert? Wie hoch ist der Stromverbrauch in den Landkreiseinrichtungen – von den Schulen bis zum Landratsamt? Wie hoch ist der Verbrauch von Treibstoffen für die Fahrzeuge – vom Bauhoffahrzeug bis zur Landratslimousine. Wie hoch ist der Einsatz von Heizenergie – vom Erdöl bis zur Hackschnitzelmasse. Wie hoch ist der Wasserverbrauch? Natürlich könnte man auch die dazugehörigen Kosten in Euro darstellen; wichtiger aber wäre uns eine Bi­lanz der Mengen, weil die Reduzierung dieser Mengen genauso wichtig – ja fast noch wichtiger ist als die Reduzierung der Euro-Schulden. Alles Reden von der Energiewende ist unvollständig, so lange wir nur über den Ausstieg aus den alten, radioaktiv-gefährlichen und klimaschädlichen Technologien reden, so lange wir nur den Einstieg in erneuerbare Systeme planen. Wir müssen endlich und vorrangig die Reduzierung der Energiemengen an die erste Stelle der Bemühungen rücken. Des­halb sollten wir uns regelmäßig selber eine Bilanz dieser Mengen geben und ehrlich und sorgfältig die Entwicklungen beobachten. Ich bin überzeugt, dass diese Zahlen zum einen vorzeigbar sind und dass sie zu weiteren konkreten Taten der Einsparung motivieren würden.

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Und noch ein Blick voraus: Die derzeit laufenden Vorbereitungen für die sog. „Donau-Moldau-Region“ sollten wir alle mit größerer Aufmerksamkeit begleiten. Es kommt sehr auf das „Wie“ an, wenn man die bessere Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg neu organisieren möchte. Es besteht nämlich die Gefahr, dass aufgrund der entsprechenden EU-Verordnung eine neue Gebietskörperschaft riesigen Ausmaßes entsteht, ohne eine entsprechende demokratische Mitwirkungsmöglichkeit der Bürgerinnen und Bürger und der gewählten Vertretungen – vom Gemeinderat über die Kreistage bis hin zu den Bezirkstagen. Die Interessen aller Einwohner Oberösterreichs, Niederbayerns, der Oberpfalz und zweier tschechischer Bezirke – insgesamt 6,5 Millionen Einwohner – müssen nicht von einer neuen Bürokratie oder Direktion vertreten werden, sondern von den gewählten und deshalb verantwortlichen Mandatsträgern.

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Dem Dank meiner Vorredner an die Damen und Herren der Landkreisverwaltung, an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Landkreiseinrichtungen, an alle, die im Klinik-Kreisunternehmen ihren Dienst tun und an alle freiwillig-ehrenamtlich Tätigen im Landkreis schließe ich mich im Namen unserer Fraktion gerne an. Ich möchte auch allen Bürgerinnen und Bürgern danken, die sich um Steuerehrlichkeit bemühen und die Schattenwirtschaft ablehnen. Sie leisten ihren Beitrag auch zu diesem Kreis­haushalt und damit zum Funktionieren des Gemeinwesens.

Wir hoffen, dem nächsten Haushalt 2013 wieder zustimmen zu können.

Heuer leh­nen wir aus den genannten Gründen ab.

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